Faltenfreie Seele, Ich bin anders, na und?, Körper, Zwischenruf: Aus aktuellem Anlass

Biste’ behindert oder doch (lieber) funktionell divers❓️

Was ist denn das wieder für ein Quatsch, war mein erster Gedanke als ich von funktioneller Diversität las und erst mal herausfinden musste, was das überhaupt ist. Dieser Begriff steht für das, was wir bis heute als Behinderung umschreiben. Nachdem ich aber ein Weilchen in mich gegangen bin, gefiel mir die Bezeichnung immer besser. Zudem dachte ich daran, was ich anfangs vom Gendern hielt. Nichts, ich fand es albern.

Behindert oder funktionell divers❓️

Doch dann passierte es, mein Kollege XY (Mann) erhielt einen Brief mit der Anrede:

Liebe Frau XY!

Kann ich mich noch erinnern, wie oft ich schon als ‚Sehr geehrter, lieber …‘ o.ä. angesprochen wurde. Nein, aber es waren unzählige Male. Hat mich das genervt? Schon! Habe ich etwas gemacht? Einmal habe ich mich bei der Lufthansa, die zu allem Übel noch schrieb: ‚Sehr geehrter Herr Manuela B‘, beschwert. Das Ergebnis: Eine lapidare Entschuldigung, aber man könne es leider auch für die Zukunft nicht ändern. Okay, ich habe dreimal geschluckt und das war es. Meine Kollege hingegen machte echt ein Fass auf, wandte sich an die Gleichstellungsbeauftragte (es war eine Frau) und an die Presse, mit dem Ergebnis: er bekam das Schreiben ein zweites Mal mit korrekter Anrede und noch einen Freimonat (Mobilanbieter). Seitdem gendere ich auch und schenke mir das Schlucken!!!

Das Wort Behinderung hat einen negativen Beigeschmack und man sagt ja heute auch nicht mehr nur schwul oder dick, weil das herabwürdigend ist, also genau wie behindert oder möchtest du das jemand sagt: „Du bist ja behindert.“ Wer sagt schon ohne Druck: “Ich bin behindert?” Was ist denn genau behindert? Okay, wer im Rollstuhl sitzt, blind ist, wem Gliedmaßen fehlen, einen krummen Rücken hat, wird als behindert bezeichnet, aber was ist mit sehr Übergewichtigen, sehr kleinen oder sehr großen Menschen? Welchen IQ muss man haben, wie alt darf man sein, um nicht behindert zu sein? Allen gemeinsam ist es, dass sie ihren Alltag ein wenig anders managen müssen als die Mehrheit und vielleicht auch Hilfe brauchen. Braucht die nicht jede:r ab und an, beispielsweise weil er oder sie ‘zwei linke Hände- hat? Vielleicht sind wir – die Behinderten – es, die genau richtig sind? Behindert hat den Beiklang von beschränkt und dumm, aber war bspw. Stephan Hawkins beschränkt oder dumm? Nein, er war ein Genie. Wir sind vielleicht anders als die große Masse. Streben wir nicht genau das an, jedenfalls, die, die sich besonders exzentrisch kleiden, Tatoos haben, sich in irgendeiner Form abheben wollen?

Genau das bekam ich vom Schicksal geschenkt, in Form meiner kurvigen Wirbelsäule. All die, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, werden als divers oder queer bezeichnet. Eine Frau im Körper einer Frau bin ich zweifellos, aber meine Optik ist durch meine inzwischen (fast) ganz versteifte Wirbelsäule eben anders und ein paar Dinge mache ich auf meine Art, als die meisten von euch.

Funktionell divers bin ich und sind wir. Endlich ein wertneutraler Begriff, ich feiere ihn!

3 Gedanken zu „Biste’ behindert oder doch (lieber) funktionell divers❓️“

  1. Bei der Arbeit gilt bei uns das Konzept “Diversity”
    Das bedeutet das alle Mitarbeitenden nicht nur gleich behandelt werden, sondern sogar die individuellen Fähigkeiten optimal genutzt werden sollen.
    Schön wäre es, wenn das überall so wäre.
    Ich wünsche dir einen schönen Freitag.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Liebe Trude,
      Das Konzept finde ich großartig, leider ist an vielen Stellen noch nicht so. besonders schlimm finde ich aber diese versteckten Mißachtungen, z.B. ich war am Wochenende mit meiner Mutter 88, die im Rollstuhl sitzt unterwegs. Eine Kellnerin fragt mich: “Wie alt ist sie denn?” Meine Mutter saß daneben …
      Liebe Grüße
      Manuela

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